Eine ökumenische Hochzeit in der Familie

Ein Schreiben der evangelischen Kirche:

EVANGELISCHE KIRCHE IM RHEINLAND

DAS LANDESKIRCHENAMT

54 KOBLENZ, den 21. 11. 1989 
Karmeliterstraße 1-3 
Telefon 33068 

Archivstelle Koblenz Geschäftszeichen (bei Antwort bitte angeben): 467/89

Herrn
E[...] Farnschläder
[...]
[...]

Betr.: Ihr Schreiben vom 19.11.1989

Sehr geehrter Herr Farnschläder!

Aufgrund Ihres erneuten Schreibens konnte ich etwas finden, was ich für hochinteressant halte: eine Eintragung über eine evangelische Trauung in Freusburg am 11. März 1739. Sie findet sich im Freusburger Kirchenbuch, Bestandsnummer 196/1 – Seit 341 des Bestandes des Ev. Kirchenarchivs Koblenz.
Ich schicke Ihnen eine Fotokopie, damit Sie selbst alles im Original lesen können.
Ich füge zu: In den Taufeintragungen der Jahre nach 1739 ist nichts zu finden über die von Ihnen erwähnten 4 Kinder des Paares von 1739. Auch die 2. Ehe der Anna Catherina Farnschl. geb. Schmidt ist in den Freusburger Eintragungen der Heiraten im Jahr 1748 nicht zu finden, ebensowenig wie der Tod des Hermann Farnschl. im Jahr 1747.

Meine Beurteilung:

  1. Sowohl Hermann Farnschlöder als auch Anna Catharina Schmidt sind katholisch gewesen. Er stammte aus Mudersbach und war Witwer, als er sie 1739 heiratete; sie stammte aus Fischbach, was wohl Niederfischbach meint.
  2. Der lutherische Pfarrer von Freusburg hat die beiden privatim nach dem luther. Zeremoniell getraut; d.h. vermutlich in dem von ihm bewohnten Pfarrhaus.

    Er tat das, wie er angibt, aus 3 Gründen:
    1. weil die beiden nach Koblenz gehen wollten, um sich dort eine Erlaubnis zu holen: Koblenz war bis 1803 völlig katholisch; es kann sich also nur um eine Erlaubnis von seiten einer katholischen Instanz handeln, wobei unklar ist, weshalb die beiden überhaupt eine Erlaubnis brauchten.
    2. weil die Schmidtin den luther. Pastor unter Druck gesetzt hat, indem sie versprach: Wenn Du mich traust mit dem Farnschlöder, dann nehme ich den lutherischen Eidam (= Schwiegersohn), wobei unklar ist, wer damit gemeint ist, wessen Schwiegersohn es sein könnte (des Pfarrers?, des Farnschöders?) und was unter "einnehmen" zu verstehen ist.
    3. weil er fürchtete: wenn ich sie nicht traue, lassen sich die beiden von dem katholischen Pfarrer in Kirchen trauen, der ihnen das angeboten hatte.
  3. Die luther. Trauung fand am 11. März 1739 statt.

  4. Der Nachtrag in der Eintragung, nämlich "... welche aber der Cathol. Pastor zu Kirchen denno(ch) copuliret" zeigt an: Die beiden haben sich – vielleicht, wie Sie das Datum schon wußten, am 31. März 1139 – in Kirchen zum 2. Mal trauen lassen, diesmal nach katholischem Ritus.

    Also das, was der luther. Pfarrer in Freusburg verhindern wollte, daß die beiden sich kathol. trauen ließen, hat sich nicht verhindern lassen.– Die Hoffnung des luther. Pfarrers, er könne hier durch Gewährung der Trauung zwei Seelen für seine Gemeinde gewinnen, wurde enttäuscht.

Allerdings muß das Paar oder wenigstens Anna Catharina Schmidt den luther. Pastor gut gekannt haben in seiner Neigung, Proselyten zu machen [proselyt(en) (griech.): Von einer Konfession zu einer anderen Übertreten]; so konnte sie ihm etwas versprechen, was ihm gefiel und ihm Hoffnung machte auf Seelengewinn.

Ob sie es je ernst gemeint hat mit dem Luthertum, ist zu bezweifeln: Sie hat dem luther. Pfarrer einfach übertölpelt, was ja sehr für diese Frau und ihre praktische Vernunft spricht.

Es scheint mir sicher: Die ganze Familie ist nach diesem "Zwischenspiel" in der lutherischen Gemeinde von Freusburg wieder, wie vorher, einfach katholisch gewesen

Daher ist klar: 
In evangelischen Kirchenbüchern finden sich keine weiteren Eintragungen von Taufen dieses Paares, von der Taufe der Anna (nicht vergessen: sie heißt hauptsächlich:) Catharina SCHMIDT oder von Todesfällen dieser Familie, auch die Eltern der Anna Catharina sind sicher katholisch gewesen und daher in evgl. Kirchenbüchern nicht zu finden.

Ich hoffe, mit meinem Fund und meiner Beurteilung dieses Fundes etwas zur Aufklärung dieser etwas verwickelten, aber hochinteressanten, Vorfahrengeschichte beigetragen zu haben.